Schnabel- und Federkrankheit

Häufig auftretende Viruserkrankungen, die für die Wellensittichhaltung und speziell für die Zucht von Bedeutung sind:

Beispiel Circovirus

Insbesondere in Wellensittichzüchterkreisen treten häufig Probleme in der Nachzucht auf, die sich in Form von hohen Verlusten unter den Nestlingen, abgestorbenen Embryonen im Ei, Schlupfproblemen oder Gefiederveränderungen der Jungtiere mit Flugunfähigkeit äußern können.

Neben anderen Viren und bakteriellen Erreger kann insbesondere das sog. Circovirus Ursache für derartige Probleme sein.

Ätiologie des Erregers:

Das Circovirus zählt zu den sog. DNA-Viren, in diesem Fall handelt es sich um ein unbehülltes Virus.

Unbehüllte Viren haben generell die Eigenschaft, dass sie in der Umwelt besonders stabil sind, lange außerhalb eines Organismus überleben können (unempfindlich gegenüber Hitze, Trockenheit etc.) und hoch kontagiös, also ansteckend sind. Das Circovirus vermehrt sich im Vogel selbst insbesondere in den Organen des Immunsystems, also im Thymus und in der Bursa fabricii, als auch in der Kropf-und Schlundschleimhaut, den Federfollikeln und in der Haut.

Es existieren mindestens 3 verschiedene Virusstämme ( klassischer Stamm, Graupapageienstamm, Loristamm), die unterschiedlich agressiv sind.

Unter den Psittaziden sind über 42 Arten als potentielle Wirte des Virus bekannt, darunter besonders häufig betroffen sind Graupapageien, Kakadus, Lories, Agaporniden, Wellen-und Nymphensittiche.

Das typische Erkrankungsbild wird als die sog. PBFD , psittacine beak and feather disease, also Schnabel-und Federkrankheit der Papageien, Keratodystrophie bezeichnet.

Epidemiologie-Übertragungswege:

Als wichtigster Übertragungsweg wird die horizontale Übertragung gesehen, das heißt die Ansteckung von Tier zu Tier über infektiöse Partikel. Da sich das Virus in verschiedenen Geweben besonders gut und schnell vermehren kann, sind natürlich Aus-und Abscheidungen hiervon die gefährlichsten Vektoren des Virus.

Dazu zählen also:

-Kot

-Kropfinhalt

-Gefiederstaub

-abgestoßene Hautschuppen

Die Infektion kann oral oder durch Inhalation erfolgen. Eine Ansteckung über das Ei im Rahmen der Brut ist selten und beträgt weit unter 5%, das Virus wird in der Regel nicht über die Geschlechtsorgane direkt ins Ei übertragen, es kann aber außen an der Eischale anhaften, dort die Dauer der Brut überleben und das schlüpfende Küken infizieren!

Die wichtigste Ansteckungsquelle für Nestlinge sind die Elterntiere, die durch die Fütterung infizierten Kropfinhalt direkt auf ihre Jungen übertragen können. Nicht zu verachten ist auch die indirekte Gefahr, die von nicht oder nicht sachgerecht desinfizierten Nistkästen ausgeht!

Die Inkubationszeit, also die Zeitspanne zwischen Infektion mit dem Circovirus und dem symptomatischen Ausbruch der Krankheit, kann unterschiedlich sein und ist abhängig vom Alter der infizierten Vögel, sowie vom Virusstamm. Insbesondere bei Nestlingen, die ein noch nicht fertig ausgebildetes Immunsystem haben und sich über ihre Eltern angesteckt haben, kann die Inkubationszeit recht kurz sein und maximal 4 Wochen betragen. Stecken sich Adulttiere an, so kann die Inkubationszeit je nach Virusstamm mehrere Wochen bis hin zu Jahren betragen, oftmals verläuft die Infektion auch „stumm“, d.h.ohne jegliche Krankheitsanzeichen des Virus tragenden Tieres.

Klinische Symptomatik

Im Gegensatz zur Circovirusinfektion bei anderen Papageienspezies verläuft die Erkrankung beim Wellensittich meist ohne die typischen Schnabel-und Federveränderungen, die namens gebend für diese Viruserkrankung waren.

In Wellensittichzuchtbeständen ist das Symptom der vermehrten Jungtierverluste am bedeutendsten.

In der Regel sind davon nicht alle Bruten gleichermaßen betroffen, sondern es besteht ein gehäuftes Auftreten dieser Probleme etwa in der 2. bis 3. Jahresbrut.

Dies lässt sich damit erklären, dass die Zuchthenne durch mehrere Bruten im Jahr in ihrer eigenen Abwehr zunehmend geschwächt wird und dementsprechend weniger an schützenden Antikörpern auf die Embryonen im Ei übertragen kann. Die schlüpfenden Jungtiere haben also kaum eine Chance gegenüber dem Virus und dessen Folgen.

Man kann verschiedene Verlaufsformen unterscheiden:

  • der asymptomatische Verlauf tritt insbesondere bei Alttieren auf, Tiere sind Virusträger, es kommt zur  Antikörperbildung ohne klinische Anzeichen einer Erkrankung, Besonderheit: es kann seitens des Immunsystems zur Überwindung der Infektion kommen, d.h. ehemals Virus tragende Tiere werden ggf. frei!
  • der akute Verlauf bei Nestlingen: beginnt mit unspezifischen Symptomen wie Apathie, Erbrechen, Durchfall, die Tiere versterben innerhalb weniger Tage da sich das Virus in den Organen des Immunsystems vermehrt, so dass Thymus und Bursa fabricii derart geschädigt werden, dass das Immunsystem der betroffenen Tiere zusammenbricht ( ähnlich HIV bei Mensch) und die Tiere an banalen Sekundärinfektionen versterben.. Wird diese erste Phase überstanden so zeigen sich häufig Federveränderungen wenn die Jungen ihre ersten Federn bekommen: die großen Flügel-und Schwanzfedern fallen symmetrisch aus, z.T. sind auch die Konturfedern betroffen, oftmals bleibt die Federhülse bestehen und öffnet sich nicht ( „Igel“), Federkiele können an ringförmigen Einschnürungen abbrechen, so dass die Blutkiele eröffnet werden und es zu Blutungen kommt.

In der Regel bleiben diese Tiere flugunfähig, sog.“Renner“ oder „Hopser“, in selteneren Fällen werden Schwingen und Schwanzfedern in der nächsten Mauser normal durchgewechselt und das Tier hat keine Gefiederveränderungen mehr.

Diagnose

Vermehrte Jungtierverluste, das Auftreten von Befiederungsstörungen insbesondere an den Schwingen und am Schwanz bei Jungvögeln geben erste Hinweise und liefern den Verdacht darauf, dass Circovirus im Bestand sein kann. Gewissheit darüber gibt die Isolierung des Erregers. Zur Untersuchung geeignet sind Blut-und Federproben, frisch tote Jungvögel oder abgestorbene Eier.

Differentialdiagnosen

Für akute Todesfälle: Polyomavirus, Chlamydieninfektion, andere bakterielle Erreger oder pilzbedingte Infektionskrankheiten, Intoxikationen.

Für Gefiederveränderungen: Polyomavirus, Parasiten, Dermatitis, Ernährungsmängel, organisch bedingte Stoffwechselstörungen.

Relativ häufig wird eine Mischinfektion mit Circo-und Polyomavirus festgestellt!

Therapie

Nicht möglich.

Der Einsatz von Medikamenten zielt auf die Heilung von Sekundärinfektionen, Beseitigung und Vorbeugung von Ernährungsmängeln ( Gabe von Korvimin oder Prime) und Stärkung des Immunsystems ( PT 12, Immunstimulanz, Echinacea…).

Hygienemaßnahmen mit regelmäßiger Desinfektion der Volierenanlage alle 4 Wochen sind zur Keimminimierung unerlässlich.

Zielt man darauf ab einen Circovirus-freien Bestand zu etablieren, so muß der durchseuchte Bestand abgeben werden und nach Reinigung und Desinfektion mit zuvor negativ getesteten Tieren neu aufgebaut werden. Alle Neuzugänge sowie Ausstellungsrückkehrer müssen jeweils in Quarantäne isoliert und getestet werden. Nachteil: zeitaufwendig und kostspielig

Alternative: Da im Großteil aller Wellensittichbestände das Circovirus vorkommt, ist es eher vertretbar und praktikabel unter gewissen Vorsichtsmaßnahmen damit zu leben.

Wichtig sind die optimale, stressfreie Haltung und Ernährung, regelmäßige Desinfektion der Anlage und der Nistkästen sowie Kuren zur Stimulierung des Immunsystems. Im Rahmen des Brutgeschäftes ist darauf zu achten, nach Möglichkeit nicht mehr als 1-2 Jahresbruten anzusetzen, um die Eigenabwehr der Henne nicht zu sehr zu strapazieren. Treten vermehrt Jungtierverluste auf, so sollte die Brut unterbrochen, das Elternpaar isoliert und einer immunstimulierenden Kur unterzogen werden.

Nach oben