Parasitäre Erkrankungen

Parasiten

Parasiten gehören, wie auch Viren, Bakterien und Pilze zu den Erregern von Infektionskrankheiten bei Ziervögeln. Sie werden häufig direkt von Vogel zu Vogel oder den Kontakt mit kontaminiertem Kot und anderen Trägern übertragen. In einigen Fällen erfolgt die Übertragung indirekt über die Aufnahme von Zwischenwirten. Eine Infektion mit Parasiten ist nicht mit einer Erkrankung gleichzusetzen. In einigen Fällen kann die Infektion über Wochen oder Monate bestehen, ohne dass es zu Symptomen kommt. Die klinische Erkrankung wird dann häufig durch eine Störung des Gleichgewichts zwischen Wirt und Parasit ausgelöst, wobei Stress durch unterschiedliche Auslöser oder andere Grunderkrankungen eine wichtige Rolle spielen.

Häufig geben schon die Haltungsbedingungen einen Hinweis darauf, ob eine parasitäre Infektion wahrscheinlich ist. Da es sich um eine übertragbare Erkrankung handelt, besteht bei Vögeln, die in einem geschlossenen Bestand oder etwa einzeln in der Wohnung gehalten werden, nur ein geringes Risiko, sich mit Parasiten zu infizieren. Anders verhält es sich bei Vögeln in Außenvolieren bzw. bei Züchtern. Hier haben die Tiere Kontakt zu einer größeren Zahl anderer Vögel. Sie können bei Außenvolieren mit Naturboden Zwischenwirte wie Tau- oder Regenwürmer aufnehmen. Zudem steigt hier häufig die Belastung der Böden mit infektiösen Parasitenstadien. Ein Neuzugang kann Ausgangspunkt für eine Erkrankung der vorher gesunden, bereits vorhandenen Vögel sein.

Die Vogelart ist ein weiterer wichtiger Anhaltspunkt, ob Infektionen mit bestimmten Parasiten vorliegen können. Kanarien und Gouldsamadinen erkranken häufig an Luftsackmilben, Wellensittiche und Zebrafinken nur ausgesprochen selten. Kokzidien kommen bei fast allen Finkenvögeln vor, wohingegen sie in Europa bei Wellensittichen fast gar nicht gefunden werden.

Parasiten lassen sich in Ektoparasiten (außen am Tier) und Endoparasiten (im Tier) unterteilen. Zu den häufigsten Ektoparasiten gehören Federlinge und Milben. Letztere lassen sich in Federmilben, Räudemilben, Luftsackmilben und Vogelmilben unterteilen. Zu den häufigsten Endoparasiten gehören die Protozoen (Einzeller) in Form von Trichomonaden, Darmflagellaten und Kokzidien, ebenso wie Nematoden (Rundwürmer) wie Spulwürmer und Haarwürmer. Außerdem werden regelmäßig Cestoden (Bandwürmer) nachgewiesen.


Ektoparasiten

Federlinge sind schon mit bloßem Auge zu erkennen. Häufig sieht man sie beim Auseinanderpusten der Federn oder unter den Flügeln. Auch die Eier zwischen den Federästen oder um den Federkiel herum lassen sich ohne weiteres feststellen. Federlinge ernähren sich in der Hauptsache von Federmaterial. Nur wenige Arten benötigen auch Blut- und Gewebsflüssigkeit. Sie sind streng wirtsspezifisch, so dass eine Übertragung nur bei Kontakt zwischen zwei Vögeln derselben Art vorkommt.

Federmilben kommen in mehreren Arten vor, die sich an der Federfahne, in der Federspule oder im Federkiel befinden können. Sie werden durch engen Kontakt übertragen, wobei die Wirtsspezifität im Gegensatz zu den Federlingen noch nicht geklärt ist. Sie ernähren sich von Gewebs- und Federsubstanzen. Bei einem Befall mit Federparasiten kommt es unabhängig von der Art des Erregers zu ähnlichen Symptomen. Die Vögel putzen sich vermehrt. Das Gefieder wirkt ungepflegt, struppig und glanzlos. Gelegentlich reifen die Federn bei der Mauser nicht aus und brechen ab oder sind missgebildet. Bei massivem Befall kann es auch zur Beeinträchtigung der Flugfähigkeit kommen.

Räudemilben leben in der Haut des Wirtsvogels und werden durch engen Kontakt übertragen. Betroffene Vögel können lange unauffällig bleiben, bis durch eine Stresssituation die typischen Symptome auftreten. Es entstehen vor allem an der unbefiederten Haut von Nase, Schnabel, Füßen und Kloake weiß-gelbliche, kalkartige Auflagerungen (Hyperkeratose) mit feinen Bohrlöchern, die leicht zu erkennen sind. Zudem besteht die Gefahr, dass vorhandene Ringe zu eng werden und den Fuß abschnüren, was zu dramatischen Folgen führen kann.

Luftsackmilben finden sich in Luftröhre, Lunge und Luftsäcken der betroffenen Vögel und werden durch Fütterung von Jungtieren oder Partner sowie Nutzung derselben Näpfe übertragen. Sie führen zu Schleimhautirritationen und Entzündungen, die häufig durch bakterielle Sekundärinfektionen kompliziert werden. Die erkrankten Vögel zeigen Atemnot mit knackenden bis rasselnden Atemgeräuschen, Stimmverlust, Kopfschütteln oder Würgen. Gelegentlich kommt es auch zu Todesfällen durch Ersticken. Der Nachweis am lebenden Tier gestaltet sich schwierig, so dass man oft eine diagnostische Therapie durchführt.

Rote Vogelmilben gehören nicht zu den permanent am Vogel befindlichen Parasiten. Sie sind sehr beweglich und wandern aus der Umgebung ein. Bei Vögeln in reiner Wohnungshaltung stellen sie in der Regel kein Problem dar, aber in Vogelzuchten mit Außenvoliere können sie zu Verlusten führen. Vor allem nachts kommen die roten Vogelmilben aus ihren Verstecken in der näheren Umgebung der Vögel und saugen Blut. Es kommt zu nächtlicher Unruhe, Schläfrigkeit tagsüber, Zögern beim Aufsuchen der Nester und vor allem bei Küken oder brütenden Hennen auch zu Todesfällen durch Blutarmut. Nachweisen lassen sich die Vogelmilben tagsüber in Nistmaterial, unter Sitzstangen, in Ritzen und Nischen oder an toten Vögeln.

 

Endoparasiten

Trichomonaden kommen am häufigsten bei Tauben und Wellensittichen vor, finden sich aber zunehmend auch bei Finkenvögeln und Großsittichen. Sie besiedeln den oberen Verdauungstrakt, in der Hauptsache Rachen, Speiseröhre und Kropf. Übertragen werden sie durch Partner- und Jungtierfütterung, sowie die Benutzung kontaminierter Trink- und Futternäpfe. Infektionen ohne sichtbare Symptome sind häufig. Bei einer Erkrankung kommt es zur Entzündung der Kropfschleimhaut, die zu Würgen und Erbrechen führen kann. Das Kopfgefieder ist mit Kropfinhalt verklebt. Nicht selten riechen betroffene Vögel intensiv nach Fisch. In schweren Fällen entwickeln sich Granulome im Kropf, die zur Verlegung der Passage führen können. Die Vögel magern ab und versterben.

Kokzidien sind streng wirtsspezifische Darmparasiten, die aber auch innere Organe, vorzugsweise Leber und Milz, besiedeln können. Die Infektion erfolgt von latent infizierten Tieren ausgehend oral über den Kontakt mit deren Kot. Die Kokzidien vermehren sich in der Darmschleimhaut bzw. dem Gewebe der betroffenen Organe.

Zu den Darmflagellaten gehören verschiedene Spezies von beweglichen Einzellern, die von nicht sichtbar infizierten Alttieren auf Jungtiere übertragen werden. Die Jungtiere nehmen die infektiösen Parasitenstadien bei beginnender Selbständigkeit über kotverschmutztes Futter und Wasser auf. Sie erkranken in der Regel nur, wenn ein hoher Infektionsdruck oder zusätzliche Stressfaktoren bestehen.

Von den verschiedenen Nematodenarten kommen vor allem Infektionen mit Spulwürmern und Haarwürmern vor. Die Ansteckung erfolgt direkt über die Aufnahme der Wurmeier oder bei den Haarwürmern auch indirekt über die Aufnahme diverser Zwischenwirte. Spulwürmer finden sich überwiegend im Dünndarm, Haarwürmer im gesamten Verdauungstrakt. Haarwürmer sind deutlich agressiver als Spulwürmer und können schon bei geringem Befall schwere Erkrankungen auslösen. Spulwurminfektionen verlaufen oft nicht warnehmbar.

Bandwürmer kommen häufiger vor allem bei Vögeln vor, die tierische Nahrung aufnehmen, da sie durch Aufnahme von Zwischenwirten übertragen werden. Oft verlaufen diese Infektionen inapparent und können über mehrere Jahre unerkannt bestehen. Erkrankungen werden nur durch einen hochgradigen Befall ausgelöst. Kommt es zu einer Erkrankung durch Darmparasiten zeigen die Vögel unterschiedlich ausgeprägte Allgemeinstörungen, wie Sitzen mit aufgeplustertem Gefieder, verminderter oder fehlender Futter- und Wasseraufnahme. Hinzu kommen Verdauungsstörungen mit schleimig-wässrigem, gelegentlich blutigem Durchfall. Bei einer Erkrankung durch Darmflagellaten kann dieser auch stinkend, wässrig sein und unverdaute Körner enthalten. Als Folge des Durchfalls trocknen die Tiere aus, magern ab und können sterben. Durch Haarwürmer verursachte Erkrankungen verlaufen oft schnell und heftig mit hochgradig gestörtem Allgemeinbefinden, Schluckbeschwerden, Inappetenz und häufigen Todesfällen. Bei der Organkokzidiose sieht man die vergrößerte, gerötete Leber und das Darmkonvolut durch die Bauchdecke (Rotbäuchigkeit der Kanarien). Sekundär kommt es durch den Platzmangel in der Leibeshöhle zu Schweratmigkeit. Nach neueren Erkenntnissen sind Kokzidieninfektionen wahrscheinlich Ursache für den sogenannten „Schwarzen Punkt", der zu hohen Verlusten bei Nestlingen führt.

Parasitäre Infektionen sind in der Regel relativ leicht nachzuweisen. Federparasiten werden häufig schon mit bloßem Auge erkannt. Zusätzlich können Tesafilmabklatschpräparate die Diagnose absichern. Räudemilben verursachen typische Veränderungen, die eine sofortige Diagnose zulassen. Trichomonaden werden nach einem Kropfabstrich mit angewärmten Materialien direkt unter dem Mikroskop festgestellt. Aus frischem Kot kann man Darmflagellaten direkt unter dem Mikroskop nachweisen. Auch Wurmeier und Kokzidien können im Kot aufgefunden werden. Diese werden nicht kontinuierlich im Kot ausgeschieden, so dass es sicherer ist, eine Sammelkotprobe von 2-3 Tagen über eine spezielle Flüssigkeit anzureichern (Flotation). Die Ausscheidung von Kokzidien beim Kanarienvogel erfolgt hauptsächlich in den Nachmittagsstunden, so dass eine Kotprobe vom Vormittag geringere Erfolgsraten verspricht. In einigen Fällen helfen auch spezielle Anfärbemethoden weiter.

Zur Therapie von Parasitosen stehen wirksame Präparate zur Verfügung, die nach der Diagnose beim Tierarzt bezogen werden sollten, da nicht jede Vogelart, jedes Medikament verträgt. Die Therapie gegen Ektoparasiten lässt sich mit entsprechenden Präparaten im „spot on" — Verfahren einfach durchführen. Man sollte darauf achten, die Behandlung mindestens 2x im Abstand von 10-14 Tagen oder 3x in wöchentlichem Abstand durchzuführen, damit auch unempfindliche Entwicklungsstadien (Eier, Nymphen, Larven) der Parasiten dann vor der ersten Eiablage abgetötet werden. Außer bei roten Vogelmilben ist eine Umgebungsbehandlung nicht nötig, da sich die Federlinge und Milben permanent am Tier aufhalten und in der Umgebung nur sehr kurzlebig sind. Bei einer Infektion mit Luftsackmilben bietet sich eine zusätzliche antibiotische Therapie an, um die häufigen Sekundärinfektionen zu bekämpfen. Die Behandlung gegen Endoparasiten erfolgt entweder durch die direkte Eingabe der Medikamente nach Gewichtsbestimmung des Vogels oder über das Trinkwasser. Es bietet sich an, schwerer erkrankte Tiere stationär aufzunehmen und eine intensive Palliativtherapie, wenn nötig bis zur Zwangsernährung, vorzunehmen. Hierdurch können sich die Heilungschancen erhöhen.

 

 

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